Animal Crossing: New Horizons | Review

Hallo Freunde der gepflegten Unterhaltung und willkommen zum Review von Animal Crossing New Horizons. Und vor ein paar Wochen hätte ich euch noch für verrückt erklärt, wenn ihr mir gesagt hättet, dass ich 2020 auf eine einsame Insel ziehe, mich intensivst mit Holzhacken, Möbel schreinern, dem Sammeln von Insekten sowie dem Züchten neuer Tulpensorten beschäftige. Irgendetwas ist da mit mir passiert…

Die Franchise Animal Crossing bzw. Dōbutsu no Mori, wie das japanische Original heißt (und bestimmt genau so ausgesprochen wird), gibt es bereits seit dem Jahr 2001. Und neben diversen Spin Offs und einem Mobile-Titel ist New Horizons nun der fünfte Hauptteil der Serie und exklusiv für die Nintendo Switch erschienen. Eine Nintendo-Marke, die bislang komplett an mir vorbeigegangen ist bzw. mich ehrlich gesagt auch nie wirklich interessiert hat. Und das liegt nicht daran, dass ich kunterbunten und mit Lebensfreude überschäumende Welten nichts abgewinnen könnte. Aber der Niedlichkeitsfaktor eines Animal Crossing überstieg dann bislang doch irgendwie meine innerliche Schmerzgrenze für Kulleraugen und Pastellfarben. Doch plötzlich waren sie da, die Reiter der Apokalypse. Ihre Namen: Covid-19 und Tom Nook. Und in ihrem Schlepptau: Eine Menge Zeit in den eigenen vier Wänden und das verlockende „Reif-für-die-Insel“-Paket. 8„Naja“, dachte ich mir. „Was soll’s…“

Animal Crossing gehört zum Genre der sog. „Lebenssimulationen“. Was bedeutet, dass das Spiel versucht einen mehr oder weniger realistischen Alltag zu simulieren. Zugegebenermaßen einen ziemlich niedlichen Alltag und ohne Steuererklärung und Müll rausbringen. Aber das Spiel läuft z. B. tatsächlich parallel zur realen Zeit. Das heißt 23:12 Uhr ist auch tatsächlich 23:12 Uhr und es ist zu diesem Zeitpunkt Nacht auf der Insel. Und jede Menge Arbeit gibt es auch in der virtuellen Welt. Zum Beispiel in Form handwerklicher Tätigkeiten, wie Bäume fällen, Möbel bauen oder einfach das Jäten von Unkraut. Und auch die fröhliche Inselbevölkerung will mit diversen Gefälligkeiten bei Laune gehalten werden, um nur ein paar der zahlreichen Aufgaben zu nennen. Ach ja, und dann gibt es da noch diesen geldgierigen Tanuki aus der Reihe der Marderhunde. Den bereits genannten und stets auf ein gutes Geschäft witternden Mr. Nook. Also alles fast so, wie im realen Leben.

Aber ist das schon alles? Wir leben mit ein paar schrägen Tierwesen auf einer Insel, mit einem Rucksack voll Arbeit? Nun ja, im Großen und Ganzen ist das so, ja. Aber was das genau bedeutet und warum es tatsächlich überraschend viel Spaß macht, das besprechen wir jetzt mal ein bisschen detaillierter.

Alles fängt an mit der in New Horizons neu entdeckten Freiheit. Denn während in den vergangenen Titeln der Reihe der Fokus eher auf Socializing in einer bereits vorhandenen Stadt lag, fängt auf eurer am Anfang komplett unbewohnten Insel alles von Vorne an. Ihr sucht euch erstmal ein flauschiges Plätzchen für euer Zelt – für mehr reicht es erstmal nicht – schaut gerne auch gleich nach einem passenden Platz für eure beiden Erstbewohner, die das Abenteuer Auswanderung genauso wenig erwarten können, wie ihr. Und dann geht es auch schon direkt daran eure Schulden bei Reiseveranstalter Tom Nook abzubauen, um eure Planenunterkunft Schritt für Schritt in ein prächtiges Haus zu verwandeln. Und nicht nur das. Denn auch die restliche Inselgestaltung liegt ab sofort in eurer Hand. Blumengärten und Obstbäume für ein sympathisches Ambiente? Kein Problem. Zäune und Mauern, der verschiedensten Gattung, damit die lieben Nachbarn standesgemäß wohnen können? Gebongt. Rasenmäher, Marktstände, Brunnen, Brücken, ein Laden oder ein fettes Museum vor den Toren der Stadt? Alles möglich. Und noch viel mehr. Wenn ihr genug von den richtigen Ressourcen habt. Denn ein Großteil der Gegenstände und Meilensteine muss von euch gecrafted werden. Und das bedeutet sehr viel Sammelarbeit, bevor ihr eurer Kreativität freien Lauf lassen könnt.

Ich habe mittlerweile fast 100 Stunden in das Spiel investiert. Und einen massiven Anteil dieser Zeit in das Sammeln von Holz, Stein, Eisenerz & Co. gesteckt, um neue Projekte umsetzen zu können oder eine neue Ausbaustufe eines speziellen Gebäudes freizuschalten, die mir weiterführende Optionen für das Eiland oder mehr Auswahl in den Shops eröffnet. Sehr viel Grinding war dafür nötig und ich habe mir nicht nur einmal die Frage gestellt, was ich hier gerade eigentlich mache. Das ständige Wiederholen der immer selben Aufgaben ist etwas, das ich in Spielen verachte. Und zudem ist es in New Horizons auch nicht wirklich benutzerfreundlich umgesetzt.

Ein Beispiel: Aus jedem Baum könnt ihr ein Mal pro Tag drei Stück Holz herausholen. Klingt komisch, ist aber so. Um den Baustoff zu fördern benötigt ihr eine Axt. Die einfachste Variante bastelt ihr euch aus ein paar Stöcken und ein wenig Stein zusammen. Da das aber nicht besonders effektiv ist, könnt ihr aus besseren Materialien auch besseres Werkzeug bauen. Das ist aber natürlich auch schwerer zu bekommen. Und wenn ihr dann endlich das Hilfsmittel eurer Wahl zur Hand habt und fleißig am Sammeln seid, merkt ihr nach einer gewissen Zeit, dass die Teile nicht unbegrenzt haltbar sind und auch wieder kaputt gehen. Und zwar ohne Vorwarnung. Und wenn ihr nicht vorausschauend ein Ersatzwerkzeug eingesteckt habt, geht es zurück zur nächsten Werkzeugbank und ihr baut euch einen neuen Prügel. Wenn ihr genügend Ressourcen dabei habt. So einen halben Wald abzuernten kann einen manchmal also wirklich den Nerv kosten. Mal abgesehen davon, dass wir dann auch noch jede Ressource einzeln aufsammeln müssen. Da hat definitiv einer der Entwickler den „Mitarbeiter des Monats“-Award gewonnen, weil er ein paar Ideen hatte, wie man die Spielzeit künstlich nach oben treibt.

Ihr seht, einen entscheidenden Teil der Spielzeit sind wir mit Herumlaufen, Sammeln und Bauen beschäftigt. Und das kann manchmal echt lästig sein. Hatte ich schon erwähnt, dass man Gegenstände beim Craften nicht stapeln kann und auch hier jeden Gegenstand einzeln basteln muss? Warum… ich… wer entscheidet sowas?

Um dem Ganzen dann aber doch auch noch etwas Positives abzugewinnen: Das Spiel ist unglaublich entschleunigend und Hektik findet maximal in unserem Kopf statt. Denn irgendwie hat es etwas seltsam entspannendes, so über sein Land zu laufen, ein paar Früchte zu sammeln, hin und wieder Axt und Schaufel zu schwingen und, den großen Plan vor Augen, an seiner Vision einer perfekten Welt zu arbeiten. Und insbesondere im späteren Spielverlauf werden einige wirklich coole Sachen freigeschaltet, die eurer Kreativität freien Lauf lassen und mich immer wieder richtig motiviert haben auch noch die nächste Nuss zu knacken und die entsprechenden Materialien zusammen zu kriegen. Und stimmt, Nüsse gibt es im Spiel gar nicht… Aber sonst so ziemlich alles. Auch Dinge, von deren Existenz ich vorher gar nichts wusste.

Neben dem großen Plan der Inselumgestaltung, der nicht nur Pflanzen und Dekoobjekte beinhaltet, sondern nach einiger Spielzeit auch ein vollwertiges Terraforming-Tool freischaltet – so weit bin ich z. B. noch gar nicht, weil ich noch nicht alle Ziele vervollständigt habe und einfach viel Zeit mit Rumlaufen und Basteln verbracht habe – gibt es ein paar richtig mächtige Motivationsfaktoren, die mich aktuell täglich dazu bringen, die Konsole zumindest mal für ein halbes Stündchen bis Stündchen einzuschalten. Ich könnte ja etwas Spannendes im Laden verpassen oder vielleicht finde ich genau heute und genau zu dieser Uhrzeit das eine Objekt, das mir in meiner Sammlung noch fehlt. Und genau hier packt mich das Spiel an einer ungewohnten Stelle.

Das eine ist das Sammeln von Fischen, Insekten und Fossilien. Jo, hört sich mega langweilig an und vielleicht auch ein bisschen strange. Und auch wenn ich überhaupt kein Fan von klassischen Sammelaufgaben bin, Animal Crossing hat mich auch hier überrascht und ich finde genau diesen Aspekt eines der coolsten Features im Spiel. Denn eure Fänge und Funde werden äußerst liebevoll und sehr atmosphärisch im örtlichen Museum ausgestellt bzw. lebend in Szene gesetzt. Fossilien sind halt nicht mehr ganz so lebendig. Mit den Insekten und Fischen klappt das aber ganz gut und ich könnte stundenlang einfach nur durch die Räume der Ausstellung laufen. Ich kann mich nicht erinnern, wann oder ob ich jemals so toll für das Sammeln von Dingen belohnt worden bin bzw. einfach das Gefühl bekommen habe, dass es der Aufwand wert war. Herrlich, ich liebe es.

Apropos Belohnung. Quasi alles, was ihr macht, wird auch belohnt. Und das macht die sich teilweise eben sehr wiederholenden Aufgaben nicht nur erträglicher, sondern eben auch wertvoll. Denn neben den Sternis, der Ingamewährung der Animal Crossing-Welt, könnt ihr durch das Erfüllen von Aufgaben auch Bonusmeilen verdienen, die sog. Nook-Miles. Und zwar wortwörtlich für alles. Denn ob es das Sprechen mit den Bewohnern der Insel ist, das Ernten von Blumen oder das Sammeln von Muscheln. Habt ihr eine konkrete Anzahl davon erledigt, bekommt ihr Meilen-Zweitwährung dafür gutgeschrieben, von der ihr euch besondere Gegenstände besorgen könnt, die teilweise echt cool sind. Eine nette Idee und eine echter Mehrwert für die getane Arbeit.

Von den Meilen könnt ihr euch übrigens auch spezielle Flugtickets besorgen und einsame Inseln besuchen. Diese bieten mit ein bisschen Glück Flora und Fauna, die ihr zuhause nicht finden könnt. Und manchmal auch die ein oder andere Überraschung, die eure Heimat bereichern wird, ohne an dieser Stelle zu viel verraten zu wollen.

Unabhängig davon gibt es auch einen Mehrspieler-Modus, in dem ihr auch die Inseln anderer Spieler besuchen könnt. Der ist zwar nur sehr sporadisch eingeflochten und viel mehr als gemeinsam Spazierengehen oder mal die Angel auswerfen ist nicht. Aber es ist eine tolle Abwechslung sich die Kreationen seiner Freunde oder auch völlig fremder Personen anzuschauen, die ihren Besucher-Code in den sozialen Medien geteilt haben. Und es lohnt sich ein bisschen Geld und Items einzupacken. Ihr findet nämlich auf anderen Spielerinseln Gegenstände, die es bei euch vielleicht noch nicht gibt (oder auch einfach nur in einer anderen Ausführung) und ihr könnt Dinge aus eurer Heimat in fremden Shops zu einem besserem Preis verkaufen. Sympathisch und eine coole Idee, viel mehr als nett ist diese Option aber trotzdem nicht.

Aber was macht denn jetzt so viel Spaß an dem Titel? Denn ganz ehrlich, New Horizons hat wirklich viele und vor allem total offensichtliche Schwächen. Wie das extrem zähe Grinding und Crafting oder die Tatsache, dass so gut wie alle Gegenstände einfach nur Deko sind und keinen richtigen Zweck erfüllen. Fahrräder oder E-Roller können z. B. nicht gefahren werden, sondern man stellt sie halt tatsächlich einfach nur hin, damit die Insel hübscher wird. Oder die sich immer wieder wiederholenden Konversationen. Das macht mich regelmäßig wahnsinnig, wenn Eugen mir zum hundertfünfzisten Mal eins zu eins den selben Satz erzählt. Ohne, dass ich es überspringen kann. Aaahhh!

Aber am Ende, ist das Spiel dann einfach doch… pure Liebe. Sei es die hübsche detailverliebte Optik, die fein abgestimmte Soundkulisse oder die Lebensfreude, die einem aus jedem Pixel ins Gesicht strahlt. Irgendwie kann man dem Konstrukt einfach nichts böse nehmen und schließt das Eiland und seine schrägen Bewohner ganz schnell und ganz tief ins Herz.

Kurve kriegen, Feedback geben und wir kommen zu meinem persönlichen Fazit, in den vier bekannten Kategorien. Und Animal Crossing New Horizons bekommt von mir ein:

Das war toll. Sehr empfehlenswert!

Ich bin der Überzeugung und kann nachvollziehen, dass es da draußen Menschen geben wird, die dieses Spiel abgrundtief verabscheuen. Denn abgesehen vom extremen Niedlichkeitsfaktor, der sicherlich nicht jedermanns Geschmack ist, hat das Spiel einige wirklich sehr offensichtliche Schwachpunkte. Nichtsdestotrotz habe ich dieses Kleinod in mein Herz geschlossen, kehre immer wieder gerne auf mein „Biestland“ zurück und habe lange nicht mehr so ein angenehm entspannendes und durch und durch freundliches Spiel gespielt. Ich hätte es dir nicht zugetraut, liebes Animal Crossing, aber ich mag dich.

Das war es für heute! Ich hoffe es hat euch gefallen und vielleicht auch ein bisschen weitergeholfen. Lasst mir sehr gerne auch eure Meinung zum Spiel da oder warum ihr nicht im Traum die Hände daran legen werdet. Ich freue mich auf jeden Fall mega, falls ihr eine positive Bewertung da lasst. Und teilt das Review auch gerne mit euren Freunden, Verwandten und Vorgesetzten. Vielleicht können die noch was lernen. Deshalb erstmal tschüss und bis bald, euer Aleo.

Ich muss noch raus Holz hacken… Wie ist der Rübenpreis heute… Nicht dein Ernst!!!!1!

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